Das Kino in Wörrstadt 

Erinnerungen einiger Mitbewohner zum Betrieb des Wörrstädter Kinos:

Die Anfänge 1937 bis 1953

Das erste Kino in Wörrstadt befand sich in der Pariser Straße (1937 bis Ende des Krieges auch „Adolf-Hitler-Straße“) neben der Adler-Apotheke. Der Eingang war in der großen Albanusstraße. Das Kino war recht klein, der Vorführraum befand sich im 1. Stock. Inhaber war Richard Reith. 1949 wurde erstmals Lina Stretz als zweite Inhaberin genannt. Deren Sohn Franz Stretz führte ab 1952 mit Richard Reith das Kino. Das alte Kino hielt den modernen Brandschutzvorschriften auf Dauer aber nicht mehr stand. Deshalb wurde in den 1950er Jahren ein neues Gebäude auf dem Privatgrundstück der Familie Stretz in der Friedrich-Ebert-Straße 57 gebaut. Wie lange Richard Reith Mitinhaber war, ist nicht bekannt. Er wurde letztmalig 1962 erwähnt (s. Link)

 

Das Kino in der Friedrich-Ebert-Straße ab 1954

Franz Stretz führte das Kino im Familienbetrieb. Frau und Tochter saßen an der Kasse oder rissen die Kinokarten ab. Auch aus dem Ort gab es Helfer, z.B. Aline Belzer (geb. Kasper) und Josta Andresen als Platzanweiserinnen, Uwe Andresen (später Gastwirt „Traube) als Filmvorführer.

Herr Stretz war hauptberuflich Zahnarzt (Dentist). Die kleinen Patienten bekamen nach Kontrolle oder Behandlung oft eine Kinofreikarte. An der Kinokasse wurden die üblichen Süßigkeiten verkauft, eine Wörrstädterin erinnert sich, dass die Sahne-Karamell-Bonbons besonders beliebt waren. Um das mal mit einem Augenzwinkern zu kommentieren:  falls jemand am Wochenende mit den köstlichen „Plombenziehern“ einen Unfall gehabt hatte, konnte er ja in der darauffolgenden Woche zum Zahnarzt gehen und mit etwas Glück vielleicht wieder eine Freikarte für den nächsten Kinobesuch ergattern. Praktisch.

 

Umbau

Ca. 1960 wurde das Kino nochmal umgebaut. Philipp Schnell hatte als Handwerker der Schreinerei Metzler noch aktiv an den Holzarbeiten im neuen Kino mitgearbeitet. Nach seinen Erinnerungen stammten die Bezüge der Kinosessel von der Wörrstädter Sattlerei Mangold. Nach Abschluss der Arbeiten wurde für alle Handwerker eine Nachmittags-Sondervorstellung gegeben. Gezeigt wurde damals „Zum weißen Rössl“ mit Peter Alexander und Waltraut Haas (erschienen 1960).Das neue Kino soll 332 Plätze gehabt haben. Nähere Informationen zur damaligen Technik und der Innenraumgestaltung s.a.Link unten.

Im Kino wurde gezeigt, was in den jeweiligen Jahren gerade aktuell war, aber mehrheitlich deutsche und europäische Filme. Typisch für die damalige Zeit waren Schlagerfilme (Musikfilme mit deutschen Schlagerstars als Schauspieler), „Paukerfilme“ (Schulkomödien mit Hansi Kraus), Lederhosenfilme (Erotikkomödien vor Bergpanorama), Gruselfilme der Edgar-Wallace-Reihe und europäische Western (z.B. die Karl-May-Verfilmungen). Ein paar internationale bzw. US-Filme wurden aber auch gezeigt, wie z.B: die Käfer-Filme (Herbie). Donnerstags, samstags und sonntags gab es Abendvorstellungen, am Sonntagmittag außerdem eine Kindervorstellung. Jede Woche wurden drei verschiedene Filme gezeigt.

 Das Ende des Kinos

Nachdem in den späten 60er und frühen 70er Jahren immer mehr Haushalte einen eigenen Fernseher besaßen, zunehmend auch Farbfernseher, konnte das Wörrstädter Kino sich nicht mehr gegen die großen Konkurrenten in Alzey und Mainz, die die internationalen Blockbuster zeigten, durchsetzen. Es musste schließen. In das leerstehende Gebäude zog ein Plus-Markt ein, der später von einem Schlecker-Markt abgelöst wurde. Inzwischen ist in den Räumlichkeiten ein Malergeschäft untergebracht. es wird auch zusätzlich zum Malerbedarf ein Café („Café Petit“) betrieben.

Link: Liste deutscher Kinos mit Hintergrundinfo

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